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l%C3%BCdecke-a8699a43?trk=profile-badge">Volker Lüdecke

23.10.18

Das Modell Dramatikerpreis

Wer von der schreibenden Zunft träumte nicht einmal davon, Medaillen geehrt in den Olymp der bedeutenden Dichter aufgenommen zu werden? Der belügt sich selbst, wer behauptet, sein schreibendes Ego dermaßen klein halten zu können.
Zumal im Theater, wo die Verfasstheit des Menschen auf dem OP-Tisch liegt, sein menschlicher Kadaver seziert wird und sich aus dem Prozess von Tod und Verwesung gespensterhafte Bühnenfiguren erheben, die als dargestellte Geister und Verkörperungen unseres Denkens und Handelns vor unseren Augen ein groteskes, vergebliches und deshalb grausames Schauspiel aufführen.
Teil dieser Lust zu sein, diesem makaberen und anrüchigen Spiel beizuwohnen, ist das ursprüngliche Geheimnis des Schauspiels. Selbstverständlich auch das Sehen und gesehen werden, ein weiteres Spiel, die beiläufige gesellschaftliche Selbstinszenierung.
Funktioniert eine Bühne aus dieser ursprünglichen Kraft, entsteht ein Sog, der in uns und vor unseren Augen eine neue fantastische Welt erstehen lässt. Spricht eine Inszenierung nur einen der Sinne weniger an, wird es anstrengend. Dafür lachen wir bestenfalls amüsiert.
Ein Theaterhaus, das einen Wettbewerb der zu sprechenden Worte anbietet, eröffnet im Dienste der Kultur einen Reigen der unterschiedlichen Blickwinkel, schleust den Zeitgeist in die Arena und mit ihm seine Verkörperungen, was uns anhaftet und heutig macht.
In diesem Forum tritt das demokratische Prinzip jenseits kleinlicher Parteipolitik vollkommen in Kraft. Glücklich kann sich die Gemeinde schätzen, welche ein solches Theater in seiner Mitte hat, und jedes Theater, das eine Gemeinde hat, die es so trägt und beschützt wie die Bürger von Kaiserslautern ihr Pfalztheater. Hier gehen sogar Schüler gern ins Theater.
Für die Dramatiker sollte diese der Sozialdemokratie nahe Kommune ein Ansporn sein, sich nicht allzu sehr zu behüten. Setzt euch dem Leben in all seinen Facetten aus, euch selbst, denn sonst könnt ihr nur fern von Wirklichem schreiben. Mutet euch Peinlichkeiten zu, scheut euch nicht, der Tollpatsch, die dumme Trine oder der Hanswurst zu sein! Holt den bösen Clown zurück auf die Bühne, damit er den Mächtigen Wahrheiten flöte.
Dafür reicht die Missionarsstellung nicht aus, ihre Message tönt zu bemüht und beflissen, Engstirnigen wird eine heterogene Weltbetrachtung immer als pathologisch erscheinen. Wer den Spott der Menge fürchtet, regt eine Debatte nicht an.
Eure Abgründe habt ihr vielleicht noch nicht entdeckt, eure inneren Widersprüche zerreißen euch womöglich niemals so wie einen Werner Schwab oder eine Sarah Kane. Niemand verlangt von euch, (literarischen) Selbstmord zu begehen, aber spannend ist es, ihn zu riskieren, schreibend in die Nähe des Abgrunds zu geraten. Euer wunder Punkt ist vielleicht die nächste Offenbarung im Theater.
Schaut auf die Namen, die noch vor wenigen Jahren gefeierte waren. Wo stehen sie heute in den Feuilletons? Euch bleibt nicht viel Zeit, dann folgt schon die Rückschau.
Den Gewinnern der Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreise 2018, Ewald Palmetshofer, Nele Stuhler, Leon Engler, Philippe Heule alles erdenklich Gute, Freiheit und Glück!
Copyright 2018, Volker Lüdecke, Berlin

9.10.18

Theatersammlungen in öffentlichen Bibliotheken für ein Autorentheater in Berlin!!!

Wenn der Artikel eines seit 1983 in Berlin lebenden Dramatikers über ein Autorentheater in Berlin nicht etwa im Tagesspiegel oder der Berliner Zeitung, sondern in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erscheint, erzählt das einiges über den Zustand der Berliner Presselandschaft.
Der Prophet im eigenen Land, die Berliner Seilschaften, man darf sicher sein, in der Hauptstadt geht nichts seinen natürlichen Gang. Zu viele Interessenlagen behaken sich gegenseitig und am Ende gönnt keiner dem anderen was.
Deshalb sind höchstens kleine Schritte möglich, eine umfassende Theatersammlung in einer der Berliner Bibliotheken wäre beispielsweise ein solch zukunftsweisender Schritt, damit nicht allein engagierte Dramaturgen und Regisseure, sondern auch interessierte Zuschauer Gelegenheit finden, neue Stücke zu lesen.
Um danach vielleicht laut zu rufen, ja wo kann man die denn bitteschön aufgeführt erleben?
Der normale Zuschauer verhält sich ja nicht anders als der Bauer, der nur isst, was er kennt. 
Man nennt ihn auch Abonnent.
(der gesamte Wortlaut des o.g. Artikels ist im FAZ Archiv erhältlich)
V.L.