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l%C3%BCdecke-a8699a43?trk=profile-badge">Volker Lüdecke

3.4.14

Lesung bei der Stasi

Neulich hatte ich einen Albtraum, den ich unbedingt erzählen muss. Sonst kommt er womöglich eines nachts wieder.
Ich erhielt eine Einladung, bei der Stasi aus einem neuen Theatertext von mir zu lesen.
Oh, dachte ich, was für eine nette Gelegenheit, die Stasi einmal persönlich kennenzulernen. Ich stamme ja aus dem Westen, hatte auch keine Verwandten in der DDR, für mich also eine komplett neue Erfahrung.
Beim nächsten Schreiben am Computer fiel mir auf, dass jemand den Ordner mit meinen Autorenhonoraren, in dem ich meine Abrechnungen aus zwei verschiedenen Buchverlagen aufbewahrt hatte, auf dem Rechner verschoben und manipuliert hatte.
Den Ordner mit den screenshots vom Bildschirm, in dem ich Verleumdungen gegen meine Person aus dem Internet gesammelt hatte, fand ich auf einmal leer.
Videos von früheren Theaterproduktionen, die ich bei youtube archiviert hatte, fand ich nun mit Kommentaren von Texten versehen, die ich in anderem Zusammenhang geschrieben, aber selbst nicht den Videos beigefügt hatte.
In meinem Email Postfach kam vom Verleger eine Email an, mit dem Hinweis, meine neue Abrechnung sei als PDF angehängt.
Ich schaute nach, kein Anhang, die Abrechnung fehlte.
Dann recherchierte ich die Anzahl meiner Buchverkäufe und verglich sie mit dem Eingang auf meinem Konto. Ein gigantischer Fehlbetrag.
Da dachte ich mir, wenn das so ist, schau doch mal bei Google unter deinem Namen nach, was da noch so auftaucht.
Nach wenigen Einträgen fiel mir auf, dass mein Geburtsdatum verändert worden war.
Oh, plötzlich ein Jahr jünger geworden und auf einmal gleichaltrig mit einer Person gleichen Namens, die sonstwo in der Republik wohnte und einen vollkommen anderen Beruf ausübte. Durch diese Manipulation nun im Internet beinahe identisch mit mir.
Wenig später erhielt ich auch schon eine Einladung von einem Verein zu einem Tennisturnier, obwohl ich in meinem Leben kein Tennis gespielt hatte.
An den Namensgleichen wurden nun sicherlich meine Verlagsabrechnungen gesendet, und er erhielt bestimmt auch Emails von meinen Kontakten.
Nur ein Foto von ihm tauchte im Internet niemals auf. Er hatte wohl kein Gesicht, nur einen Platzhalter für das Porträtfoto.
Der Namensgleiche tat mir leid. Was für ein trauriges Leben musste der haben, in seinem Tennisverein und als Irlandreisender, Fan von Bayern München und Sparkassendirektor.
Vielleicht schämte er sich ja für seine Visage, weil hinter dem Platzhalter bloß eine miese Stasifresse zu finden war.
Ich hoffe, diesen Albtraum träume ich nie wieder!
V.L.


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